Zitat:Kinder spielen, Thomas Baumanns Drehleiermusik liegt in der Luft, rund um das Museum Voswinckelshof herrscht buntes Treiben. Nur der Mann mit dem Helm und der Hellebarde steht schon seit Minuten unbeweglich vor den Zelten des Lagers der Truppe Furor normannicus. Es ist wieder Mittelalterzeit in Dinslaken.
Zum Internationalen Museumstag öffnete der Voswinckelshof am Sonntag nicht nur seine modernen Glastüren, sondern auch die Pforte zu unserer eigenen kulturellen Vergangenheit.
Ich spinne. Im Selbsttest. Brigitta Schäfer weist mich in die Jahrtausende Jahre alte Technik ein. vor 15 000 Jahren hätten die Menschen begonnen, auf ihren Knien Pflanzenfasern zu Fäden zu drehen, erklärt die Frau in blauer Gewandung. Heute hat sie reine Schafswolle und Handspindeln mitgebracht, zum Spinnen wie in der Zeit, als das Rad fürs Spinnrad noch nicht erfunden war.
Brigitta Schäfer hakt einen Strang Wolle in eine Öse an der Handspindel ein und los geht’s mit der Linken halte ich das Ende der Wolle fest, mit der Rechten bewege ich die frei herabhängende Spindel, die sich wie ein Kreisel in der Luft dreht. Aus der flauschigen Wolle wird eine feste Kordel, in deren oberen Ende der nächste Strang rohe Wolle verzwirbelt wird. Und weiterdrehen...
Rund geht es auch an den andren Ständen. Erstmals wird Filzen angeboten, in der Schmiede brennt Feuer, am Münzstand drehen sich zwei Kugelgewichte im Schwungrad. Sie senken über ein Schraubgewinde den Stempel, der den Dinslakener Taler von 1376 prägt. Oder darf’s ein römischer Denar sein? Er wird in reinem Silber geprägt.
Vor der alten Kate sammeln sich die ersten Hungrigen. Es duftet nach frischem Brot. 60 Laibe werden heute gebacken, die ersten sind gerade fertig.
Getreide zu Brot zu backen, war im Mittelalter keine Selbstverständlichkeit.
Zu Brei
und Grütze gekocht
Dinkel und Roggen, so erklärt Knut Schneider von „Furor Normannicus“, wurden um 1200 gestoßen und zu Brei und Grütze gekocht: das Hauptnahrungsmittel der einfachen Leute. Seine Würze erhielt das Essen durch Gemüse oder Senf, vermischt mit Essig oder heißem Wein ein Gewürz, das allen zugänglich war. Pfeffer war purer Luxus, ebenso wie Koriander oder Anis, die aus dem Orient importiert wurden. Knoblauch und Zwiebeln dagegen wurden hierzulande angebaut und damit für viele zugänglich. Brei, Erbsen, dicke Bohnen. Die wurden mit Leinöl angerichtet, ein typisches Gericht, wie Schneider weiß.
Gekocht wurde in Keramik, Gusseiserne Kessel waren teuer. Knut Schneider zeigt ein kugelförmiges Gefäß, dessen untere Hälfte rußig schwarz ist: „Es steht in der heißen Asche, ich benutze es selbst seit Jahren.“ Dann zieht er einen kleinen lasierten Topf hervor. „Im 13. Jahrhundert kam die Siegburger Keramik auf. Mit ihr ist die Herstellung ausgereift, sie wäre sogar mikrowellenfest. Lasuren kamen allerdings erst um 1300 auf: für uns als Furor Normannicus, die wir die Zeit um 1200 zeigen, ist Lasur Science Fiction“.
Und für uns heute der Brei der einfachen Leute finsteres Mittelalter? „Keineswegs“, so Schneider: „zur Bratwurst sind zum Beispiel in Wasser gekochte Buchweizenkörner mit Wacholder gewürzt eine herzhafte Beilage“.
Artikel NRZ