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Hilfe von Experten (Gelesen: 2833 mal)
Andreas von Aurocastro
Söldner
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amicus certus in re incerta
cernitur...

Beiträge: 66
Köln
Geschlecht: male
Hilfe von Experten
14.03.03 um 14:52:17
 
Hallo,
ich habe da eine Frage:

Welche Schwerter bezeichnet man als Langschwerter?
Ein Langschwert ist doch ab Anderthalbhänder?

Welche Schwertbezeichungen gibt es?

Claymore, Bastard,Bidenhänder?

Sind dies Namen auch Historisch belegbar?

Bitte um Antwort?


Gruß

André
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Ares Hjaldar de Borg
Administrator
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a furore normannorum libera
nos domine...

Beiträge: 3646
Wulfen
Geschlecht: male
Re: Hilfe von Experten
Antwort #1 - 14.03.03 um 16:31:55
 
Hallo André! Schön, daß Du den Weg in unser Forum gefunden hast.  ...

Der Terminus "Langschwert" ist nicht klar definiert, aber es spricht einiges dafür, daß es sich dabei um eine Klinge von Form und Länge eines "normalen" Reiterschwertes des 12. Jh. handelt, deren Repliken Du bei uns beispielsweise in der Galerie finden kannst.

Im Frühmittelalter kamen Langschwerter (spatha) als Weiterentwicklungen von sax und scramasax
vor allem bei der Reiterei zum Tragen, und zwar etwa ab dem 9. Jahrhundert. Sie erreichten Klingenlängen zwischen 75 und 95 cm.

Das Hochmittelalter kennt wenige Unterscheidungen zwischen einzelnen Klingenformen, wenngleich sich im 13. Jh. die erste klare Linie zwischen Hieb- und Stichwaffen zeigt. In muslimischen Quellen wird von Kreuzfahrern berichtet, die neben ihrer Erstwaffe, einem Hiebschwert, noch eine leichtere Klinge zum Stoß bei sich führten.

Besondere Unterscheidungen zwischen den einzelnen Schwerttypen gibt es vor allem seit dem Ende des 13. Jahrhunderts. In zeitgenössischen Quellen aus dem Spätmittelalter tauchen zwischen Balkan und Island immer wieder klare Unterscheidungen zwischen kurzen und langen Klingenformen auf.

Zum einen gibt es die langen Kriegsschwerter (swords of war), die mit einer Klingenlänge zwischen 90 und 100cm  vor allem für den Gebrauch vom Pferd aus gedacht waren.

Leichtere Waffen wurden in größerem Ausmaße zuerst von der muslimischen Minderheit Siziliens bei der leichten Infanterie gebraucht. Diese Waffen, waren sie auch länger als die ebenfalls beliebten Langdolche (unter 40cm Klingenlänge), wurden in Italien üblicherweise coltello oder corta spada bezeichnet, was soviel wie Kurzschwert bedeutet (nicht mit dem römischen gladius zu verwechseln). Im italienisch beeinflußten Dalmatien nannte man diese Waffe corda, eine Anlehnung an das arabische kard (Langdolch).

In Frankreich nannte man das Infanterie-Kurzschwert couteau, eine Variante des 14. Jahrhunderts war als cultellus bekannt.

In der 2. Hälfte des 14. Jh. kam in Italien und auf dem Balkan eine weitere Variante dieser Schwertform in Mode, die allerdings weniger für den Hieb, als für den Stich gedacht war. Man nannte diese Waffe stocco oder Slavenschwert (spade schiavonesche).

In Nordeuropa gab es ebenfalls verschiedene Schwertformen, wie etwa die beliebten einschneidigen Hiebschwert-Typen faussart und falchion, die Ende des 13. Jh. in Mode kamen. Die kleinere böhmische Variante davon nannte man tesák. In Ungarn starben zu dieser Zeit die asiatisch beeinflußten Säbel aus, wurden aber gleichzeitig auf dem Balkan als sable modern.

Zum Thema Anderthalbhänder/Bastardschwert: Die "Schwerter zur anderthalb Hand" sind laut MÜLLER / KÖLLING Typen aus dem 14. und 15. Jahrhundert mit langer Stoßklinge und meist birnenförmigem Knauf, der mit der zweiten Hand auf dem Griff umfaßt werden kann (ein solches Schwert habe ich übrigens auch). Die Existenz von Bidenhändern ist nicht zweifelsfrei für das Mittelalter geklärt, allerdings datieren einige Autoren diese Waffen frühestens auf das 15. Jh. Viele der heute in Museen ausgestellten Waffen waren allerdings reine Vortrageschwerter, die auf Umzügen gezeigt wurden.

Das Claymore scheint nach meiner Recherche überhaupt keine mittelalterliche, sondern eine Renaissancewaffe zu sein.

Quellen:

NICOLLE, David: Medieval Warfare Source Book. Volume I: Warfare in Western Christendom, London 1995.

MÜLLER, Heinrich / KÖLLING, Hartmut: Europäische Hieb und Stichwaffen. Berlin 1981.


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« Zuletzt geändert: 14.03.03 um 18:16:43 von Ares Hjaldar de Borg »  

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Andreas von Aurocastro
Söldner
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amicus certus in re incerta
cernitur...

Beiträge: 66
Köln
Geschlecht: male
Re: Hilfe von Experten
Antwort #2 - 14.03.03 um 17:27:13
 
Herzlichen Dank Ares Hjaldar de Borg,

für diese sehr umfangreiche Antwort

und verbleibe mit einem

Gruß aus Köln

André Nailn

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