DINSLAKEN. Die Munition ist spritzig. Immer wieder schleudert das hölzerne Katapult die
runden Geschosse steil in den Himmel, nur um haaresbreite verfehlen sie das denkmalgeschützte Museum.
„Und jetzt bitte mal der Herr in dem Karohemd“, dirigiert einer der mittelalterlich anmutenden Angreifer
entschlossen und winkt einen verblüfft dreinblickenden Dinslakener an das zu besetzende Seil, mit dem die
Spannung bis zum Abschuss gehalten wird. „Und gleich noch mal“, lautet die nächste Anweisung, der ohne großen
Widerspruch Folge geleistet wird. Diesmal jedoch platzt die Munition schon im Flug, ein feiner Nieselregen
verteilt sich auf den Köpfen der Schaulustigen.
„Für den Bau des Katapults haben wir drei Wochen gebraucht“, erklärt nach Beendigung der Kampfhandlungen der
Hobby-Feldherr, Oliver Borgwardt. Mit seinen 20 Mitstreitern hat das „Furor Normannicus“-Mitglied bereits am
Freitagabend seine Zelte auf der Museumswiese aufgeschlagen. Dass der „Angriff“ auf den Voswinckelshof wirklich
nur Spaß ist, erklärt der 30-Jährige mit dem Hinweis darauf, mittlerweile schon zum sechsten Mal Gast beim Museumsfest
zu sein und damit, dass im 12. Jahrhundert dem Feind statt bunter Wasserbomben Steine, Tontöpfe mit brennendem Inhalt
und Bienenkörbe mit aggressiven Bewohnern entgegen geschleudert wurden. Eine Erklärung, die überzeugt.
Aus Dorsten, Dortmund, Düsseldorf und sogar den Niederlanden sind Liebhaber des Mittelalters angereist, haben Zelte,
Kochtöpfe und allerhand originale Utensilien mitgebracht. Der Dinslakener Nachwuchs darf Kettenhemden und schwere Helme Probe
tragen, Glückssteine selbst bearbeiten oder sich ein Souvenir aus Speckstein schleifen.
|
Museumspädagogin Cordula Hamelmann
demonstriert im Schatten des Eingangsbereichs, wie man dereinst Wolle mit der Handspindel spann und lässt sich den Gemüseeintopf
vom Voerder „Hauskoch“ munden. Ihr gegenüber geht es deutlich lauter zu. Mit einem dumpfen Knall landet der 45 Kilo schwere,
gusseiserne Hammer auf dem Schlagbolzen. Die Umstehenden zucken zusammen; so laut haben sie sich das traditionelle Münzprägen nicht
vorgestellt. „Die Aufschlagkraft auf die Ronde liegt bei etwa 50 Tonnen“, sagt Ralf Althoff von der Medaillenschmiede Niederrhein.
Insgesamt bringt sein Arbeitsgerät gut 750 Kilogramm auf die Waage; ist aber, entgegen der Vermutung, die die mittelalterliche Kleidung
des stellvertretenden Museumsdirektors in Duisburg zuließe, erst 120 Jahre alt. „Heute prägen wir ausschließlich den Dinslakener
Groschen von 1376.“ Im Original gibt es davon weltweit nur noch drei Stück. Die hübschen Duplikate sind deshalb speziell gekennzeichnet;
machen also leider nicht reich.
„Muskelarbeit“ sei das Prägen größtenteils, schnauft Ralf Althoff, ehe er sich an die nächste Münze macht und die Seilwinde ruckartig
gen Boden schnellen lässt. Mit dem Dinslakener Groschen habe sich im 14. Jahrhundert eine fünfköpfige Familie mehrere Tage ernähren können.
Heute geht das mit dem etwa gleich großen Zwei-Euro-Stück zwar nicht mehr ganz so gut, die filigrane Prägung, die Graf Dietrich von Dinslaken
in vollem Harnisch mit Schwert, Schild und Rosenkranz zeigt, macht aber auch im modernen Geldbeutel einiges her
|