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Raubgräber in Deutschland (Gelesen: 2454 mal)
Ares Hjaldar de Borg
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a furore normannorum libera
nos domine...

Beiträge: 3646
Wulfen
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Raubgräber in Deutschland
28.02.12 um 13:21:53
 
Zitat:
Wettlauf um die Millionen auf deutschen Äckern


Vor wenigen Tagen präsentierten Archäologen einen nahe Bremen entdeckten und mit modernsten Methoden geborgenen Goldschatz. Ein Glücksfall für die Wissenschaft, denn häufig kommen Raubgräber den Forschern zuvor.

April 2011, ein Acker rund zehn Kilometer südlich von Bremen: Bevor die Bagger anrücken, um den Graben für die Nordeuropäische Erdgas-Pipeline auszuheben, sondiert ein Grabungstechniker den Ackerboden. Plötzlich schlägt sein Metalldetektor aus. „Wir hatten schon erwartet, dort auf etwas zu stoßen, aber natürlich nicht mit einem derartig sensationellen Fund gerechnet“, sagt der Archäologe Friedrich-Wilhelm Wulf vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege Hannover, der für die Ausgrabungen im Bezirk Diepholz zuständig ist.

Der entdeckte „Hort von Gessel“ ist mit der größte bronzezeitliche Goldschatz, der je in Mitteleuropa aus der Erde geholt wurde: Insgesamt 1,8 Kilogramm wiegen die 117 Schmuckstücke – Spiralen, Armreife und eine Gewandfibel. „Nicht nur die Größe und Qualität machen die Bedeutung des Fundes aus, sondern auch die Tatsache, dass der Hort durch eine reguläre Grabung ans Licht gekommen ist“, erläutert Wulf. Auf diese Weise sei es möglich, ganz neue Erkenntnisse über die Gesellschaft der Bronzezeit zu gewinnen.

Das Problem der Raubgrabungen

Bei den meisten Schatzfunden in Deutschland ist das nämlich anders. Sie gehen nicht auf das Konto professioneller Archäologen, sondern häufig auf das von Sondengängern, die mit ihren Metalldetektoren die Böden in Wald und Flur nach alten Münzen, Werkzeugen und Schmuck absuchen. „Wie viele das sind, ist schwer abzuschätzen, es gibt da sicher eine große Dunkelziffer“, beurteilt der Prähistoriker Tobias Springer vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg die Situation.

Das Problem dabei ist nicht nur, dass die Schatzsucher oft wenig darüber wissen, wie ein solcher Fund fachgerecht zu bergen ist. Sie haben meist auch keine Zeit dazu – schließlich müssen sie stets die Entdeckung fürchten, denn „Raubgrabungen“ gelten in Deutschland als illegal. Auf diese Weise gehen beispielsweise wichtige Informationen darüber verloren, in welcher Lage und Anordnung sich die Objekte in der Erde befinden. Und selbst wenn Sondengänger ihre Beute als „Zufallsfund“ melden, machen sie teilweise falsche Angaben über den Fundort – des Profits wegen. „In Bayern beispielsweise bekommt der Finder 50 Prozent des Werts erstattet, in anderen Bundesländern hingegen gehört alles automatisch dem Staat“, erläutert Springer die rechtlich unbefriedigende Situation in Deutschland.

Drama um die Himmelsscheibe

Wie eine Räuberpistole klingt zum Beispiel die Fundgeschichte der so genannten Himmelsscheibe von Nebra. Zwei Raubgräber hatten die mit Goldblech verzierte Bronzeplatte 1999 auf dem Mittelberg nahe der Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt zusammen mit anderen Stücken entdeckt und den gesamten Hort verkauft. Mehrfach wechselte er den Besitzer, bis zuletzt ein Hehler-Paar versuchte, ihn auf dem Schwarzmarkt anzubieten. Dem zuständigen Landesarchäologen gelang es, sich als Kaufinteressent auszugeben und die Hehler verhaften zu lassen. Auch die Raubgräber wurden ausfindig gemacht und mussten sich vor Gericht verantworten.

Immerhin ließ sich im Fall der Himmelsscheibe noch der Fundort feststellen, auch wenn unsachgemäße Behandlung das wertvolle Stück irreversibel beschädigt hat. Ganz andere Voraussetzungen für die wissenschaftliche Erforschung bietet nun der Hort von Gessel. Um den Fund sorgfältig untersuchen zu können, nahmen die Archäologen eine Blockbergung vor. Das heißt, sie gruben die Schmuckstücke nicht vor Ort aus, sondern schnitten um sie herum einen Erdblock aus dem Ackerboden. Im Labor untersuchten Spezialisten diesen dann mittels Röntgenstrahlung und Computertomographie. So konnten sie am Rechner ein dreidimensionales Modell des Fundes anfertigen, das genau die Lage der einzelnen Schmuckstücke anzeigte – bevor sie überhaupt nur eines davon zu Gesicht bekommen hatten.

Vergrub ein Händler den Schatz am Wegesrand?

Inzwischen sind die Goldspiralen und -armbänder freigelegt und auch datiert: Auf das 14. Jahrhundert vor Christus, sie sind also mehr als 3300 Jahre alt. Spezialisten vom Institut für Anorganische Chemie der Leipniz-Universität Hannover konnten sogar die Herkunft des Goldes von einigen Stücken bestimmen. Erstaunlicherweise stammt es nicht aus Europa, sondern vermutlich aus Zentralasien. Anscheinend legten Güter also schon in der Bronzezeit enorme Entfernungen zurück.

Warum aber vergrub jemand einst überhaupt diesen wertvollen Schatz? „Möglicherweise handelt es sich um einen Händlerhort, darauf weisen beispielsweise die halbfertigen Armreife hin, in die noch keine Verzierungen eingraviert sind“, vermutet Wulf. „Der Besitzer hat die Stücke, eingewickelt in Tücher, wahrscheinlich in einer Notsituation vergraben – mitten in der Landschaft an einem alten Weg, denn Spuren einer Siedlung sind dort nicht auszumachen.“
Weitere Untersuchungen werden folgen, unter anderem wollen die Forscher den neuen Fund mit bereits bekannten Exponaten vergleichen. Und spätestens Ende 2013 soll der Hort von Gessel in Hannover ausgestellt werden. „Schließlich handelt es sich bei solchen Schätzen um Kulturgut, das der Allgemeinheit gehört“, sagt Springer.


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