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Der Mythos vom heißen Pech (Gelesen: 3071 mal)
Ares Hjaldar de Borg
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a furore normannorum libera
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Beiträge: 3646
Wulfen
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Der Mythos vom heißen Pech
22.01.11 um 02:33:36
 
Zitat:
Der Mythos vom heißen Pech

Die Feinde wurden mit heißem Pech übergossen und in düsteren Verliesen gequält. Um Burgen aus dem Mittelalter ranken sich viele frei erfundene Legenden.
Das Leben auf den Burgen war Forschern zufolge sehr viel unspektakulärer, als es heute so manches Kinderbuch oder Ritterfestspiel glauben machen will. Dennoch seien die Klischees und falschen Vorstellungen nur schwer aus der Welt zu schaffen. Der Grund: „Den Leuten gefallen diese Geschichten, und sie wollen sie gar nicht hinterfragen“, meint der Burgenforscher Joachim Zeune aus dem bayerischen Eisenberg.

Nach seiner Einschätzung geistert seit mehr als 150 Jahren die Mär vom heißen Pech, siedenden Öl oder kochenden Wasser als Mittel der Verteidigung durch die Burgenliteratur. Auch so mancher Forscher in der eigenen Zunft verwende noch Begriffe wie „Gusserker“ oder „Pechnase“. Auf den Burgen gebe es dafür jedoch keine Beweise. Der Leiter des Europäischen Burgeninstituts in Braubach bei Koblenz, Reinhard Friedrich, erklärt, dass auch historische Quellen nicht bestätigt seien. Pech sei als Verteidigungsmittel viel zu teuer und zu unpraktisch gewesen. Laut Zeune gehörten dagegen Steine sowie Mobiliar und andere schwere Gegenstände, die den Gegnern entgegengeschleudert wurden, zu den wichtigsten „Waffen“.

Mittelalterboom im 19. Jahrhundert

Der Belagerungszustand sei ohnehin eine Ausnahme gewesen, sind sich die beiden Burgenforscher einig. „Die meisten Burgen sind nie umkämpft worden“, stellt Friedrich richtig. Das Leben der Burgbewohner sei eher „einsam, mühsam und unbequem“ gewesen. Zeune erklärt, dass eine Burg für die Menschen im Mittelalter sogar eine Art Friedenssymbol gewesen sei. Denn von ihnen aus wurde das Land verwaltet und befriedet – der Burgherr wachte über die Rechtsprechung. Zudem waren laut Zeune bei weitem nicht alle Burgen im Besitz wohlhabender Adeliger. Die vielen kleinen, bisweilen ärmlichen Burgen des Niederadels seien einfach aus der Geschichtsschreibung getilgt worden. Folterkammern habe es auf mittelalterlichen Burgen ebenso selten gegeben wie Verliese.

Entstanden sind die Klischees nach Angaben der Forscher in der Zeit der Aufklärung, etwa im 18. Jahrhundert. In dieser zunehmend von Vernunft geprägten Welt habe das mystische und blutrünstige Mittelalter den Menschen als „Vergangenheitsflucht“ gedient. Zeune glaubt, dass sich dieses Phänomen heute wiederholt: In den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts habe ein wahrer Mittelalterboom eingesetzt – davon zeugen die vielen Ritterspiele. Friedrich zufolge war das Mittelalter manchen nicht spektakulär genug. Vieles sei in diese Zeit hineininterpretiert, über Jahrzehnte überliefert und schließlich nicht mehr hinterfragt worden. Manchmal wurden die Burgen dabei den Vorstellungen angepasst: Einige erhielten im 19. Jahrhundert zum Beispiel mehr Schießscharten.

Ritter kämpfen, brüllen und saufen
Auf manchen Ritterfestspielen wird heute gekämpft, gebrüllt und getrunken, was das Zeug hält. „Die Qualität der Spiele lässt zu wünschen übrig“, so Friedrich. Dass ein Großteil der Kinder- und Jugendliteratur die Klischees transportiert, liegt laut Zeune daran, dass die meisten Werke aus England und Frankreich kommen: „Dort hat sich noch mehr als bei uns das verklärte Bild eines prunkvollen Mittelalters aufgebaut“. Auch die deutschen Autoren folgten weitgehend der französischen und englischen Literatur – zum Leidwesen der Forscher. Schon seit Jahren versuche die Wissenschaft, das vorherrschende Bild vom Mittelalter zu revidieren. „Das ist fast ein Kampf gegen Windmühlen.“


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Tankret de Donjon-Blanc
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Beiträge: 932
Dorsten-Wulfen
Geschlecht: male
Re: Der Mythos vom heißen Pech
Antwort #1 - 22.01.11 um 20:39:22
 
Das mit der miesen englischen Kinderbuch-Literatur kann ich nicht ganz nachvollziehen: Gerade die Bücher die aus England stammen, sind die besseren Werke, die sich genauer an die Quellen und die aktuelle Lehrmeinung halten. Hingegen sind viele eigenständig deutsche Werke vollgestopft mit Fehlern.   
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mit ritterlichem Gruß Tankret de Donjon-Blanc
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