Zitat:Wie hält man Flugzeuge in der Luft, die aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs stammen? Der Einsatz der Luftwaffen-Oldtimer Messerschmitt Bf 109 und Me 262 bei der Berliner Flugschau ILA zeigt, dass nicht nur die Piloten besondere Fähigkeiten mitbringen müssen - sondern auch die Techniker.
"Lassen Sie uns später reden", ruft Volker Radon über das sonore Brüllen des Flugmotors hinweg. "Diesen Sound muss man genießen!" Tatsächlich bekommt man das, was dort auf dem Rollfeld des Flughafens Berlin-Schönefeld rumort, nicht alle Tage zu hören: einen Daimler-Benz DB 605 A, 1475 PS stark, mehr als 65 Jahre alt, eingebaut in eine Messerschmitt Bf 109. Er macht das Jagdflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg zum einzigen seiner Art, das noch mit seinem historischen Originaltriebwerk unterwegs ist.
Als die Bf 109 im Mai 1935 zu ihrem ersten Testflug abhob, gehörte sie zum Besten und Modernsten, was die Luftfahrt zu bieten hatte. In den zehn Jahren darauf wurde sie zu einem Symbol für die Angriffskriege der Nazis. Tausende starben in ihr und durch sie. Obwohl die Bf 109 mit rund 34.000 Stück als meistgebautes Jagdflugzeug der Geschichte gilt, gibt es heute nur noch eine Handvoll flugfähiger Exemplare. Eines davon ist gemeinsam mit einer nicht weniger seltenen Messerschmitt Me 262, dem ersten in Großserie gebauten Düsenjäger der Geschichte, auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA in Berlin zu Gast, die am Sonntag endet.
Was am Himmel nach spielerischer Fliegerei aussieht, stellt sowohl die Techniker als auch die Piloten vor Herausforderungen. "Die Öle, die Fette und den Kraftstoff der vierziger Jahre gibt es heute nicht mehr", sagt Volker Radon, Betriebsleiter der Messerschmitt-Flugzeuge bei EADS, während er die Manöver der Bf 109 in der flirrenden Hitze über Berlin verfolgt. Die Techniker müssen immer wieder erfinderisch sein, um den Motor so einzustellen und zu warten, dass er das Flugzeug zuverlässig in der Luft hält.
Am Boden wacklig
Für den Piloten, in diesem Fall Klaus Plasa, ist die Aufgabe kaum weniger anspruchsvoll. Zwar besitzt die auf der ILA präsentierte Bf 109 moderne Funk- und Navigationstechnik, während Waffen und Panzerung entfernt wurden. Ansonsten aber entspricht das Flugzeug dem Stand der vierziger Jahre. Quer- und Höhenruder etwa sind per Seilzug mit dem Steuerknüppel und den Pedalen im Cockpit verbunden. Von servohydraulischen Systemen, wie es sie heute gibt, konnten die Piloten der vierziger Jahre nur träumen. Die Bf 109 sei zwar insgesamt "fliegerisch angenehm", meint Plasa. "Aber besonders bei höheren Geschwindigkeiten muss man mit einer Menge Kraft steuern." Auch sei die Sicht, bedingt durch die enge Kabine und die Verstrebungen der Kanzel, nicht die beste.
Richtig knifflig ist die Steuerung der Bf 109 dagegen am Boden. Da ihre Fahrwerksbeine am Rumpf und nicht an den Flügeln angebracht waren, standen sie eng beieinander. Besonders stabil waren sie auch nicht, was gemeinsam mit der geringen Spurbreite zu äußerst wackligem Verhalten führte. Das Fahrwerk war schon zu Kriegszeiten eine Gefahrenquelle, die vor allem jungen und unerfahrenen Piloten oft zum Verhängnis wurde. Hinzu kommt das großvolumige Triebwerk, dass durch sein enormes Drehmoment die leichte Maschine ruckartig vom Kurs abbringen kann, wenn sie über die Piste rollt. Nicht umsonst gingen in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs fast ebenso viele Bf 109 bei Start und Landung verloren wie im Luftkampf. "Ein unfallfreies Fliegen war angesichts der Kürze der Ausbildung in den letzten Kriegstagen fast unmöglich", sagt Plasa.
Wie empfindlich die Bf 109 ist, wurde erst bei der vorangegangenen ILA vor zwei Jahren deutlich: Bei der Landung knickte der Bf 109 das rechte Fahrwerk weg. Die Maschine landete auf dem Grünstreifen neben der Landebahn - glücklicherweise kam der Pilot mit dem Schrecken davon, auch der Schaden am Flugzeug hielt sich in Grenzen.