(...) Der studierte Kriminologe Gunnar Olafsson hat mit Stricken nichts am Hut. Aber auch er schwört auf die Traditionen von Island. Auch wenn im Grunde alle Isländer auch Wikinger sind, ist Gunnar womöglich das Vorzeigeexemplar. Er hat einen Bart wie ein Wikinger, kann kämpfen wie ein Wikinger und wenn es auf Island Wildschweine gäbe, würde er sicherlich auch ein ganzes für sich zum Abendessen beanspruchen. Doch vor allem setzt er sich für die Kultur seiner Vorfahren ein. Als Oberhaupt der Wikingergruppe "Einherjar" führt der ehemalige Polizeibeamte interessiertem Publikum Kampfszenen vor und besucht Schulen, um den Kindern die Geschichte des legendären Volkes näher zu bringen.
Als echter Nachfahre der Wikinger hat Gunnar auch Visionen: "Touristen auf Island werden häufig nur in einen Bus gesteckt und auf dem kürzesten Weg zu den Wasserfällen gebracht. Nebenher werden ihnen durchs Mikrofon ein paar Geschichten erzählt. Unsere Idee ist, Expeditionen zu besonderen Orten auf Island anzubieten, die als überlieferte Schauplätze in den Sagen vorkommen und vor Ort zu erzählen, was dort passiert ist", sagt der 49-Jährige.
Und noch ein Projekt läuft bei dem Wikinger des 21. Jahrhunderts auf Hochtouren. Er möchte auf der 16 Hektar großen, unbewohnten Insel Engey eine Wikingersiedlung nachbauen. Auf originalgetreuen Schiffen sollen die Touristen segelnd oder rudernd binnen weniger Minuten vom nahen Reykjavík zur Insel gelangen. "Wir wollen kein "Herr-der-Ringe"-Fantasiedorf bauen", sagt Gunnar. Mit Hilfe von Archäologen soll das Dorf genauestens rekonstruiert werden.
Obwohl die Genehmigung noch nicht erteilt wurde, hat das Baby schon einen Namen. Es soll "Reykjarvík" heißen - so wie die isländische Hauptstadt früher geschrieben wurde. Erst durch den späteren Einfluss der Dänen fiel das "r" weg. "Die Finanzkrise ist eine sehr gute Chance für die Wikingerkultur. Wir haben alles verloren, aber wir haben immer noch unser Land", sagt Gunnar. So klingen halt Isländer. Wären sie nicht so flexibel und hart im Nehmen, wäre die schroffe Insel sicherlich schon längst wieder unbesiedelt. |
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