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Beitrag begonnen von Uthred am 24.10.10 um 12:19:18

Titel: einfache Tasche
Beitrag von Uthred am 24.10.10 um 12:19:18
Habe vor mir mal eine Gürteltasche aus Leder zu basteln. Soll ungefähr so aussehen nur ohne Arhusmaske: http://www.reenactors-shop.de/product_info.php?info=p1802_Guerteltasche-Fruehmittelalter.html

Ist das von Form und Verschlusstechnik soweit ok?

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Ares Hjaldar de Borg am 24.10.10 um 20:41:29
Gürteltaschen sind für das 12. Jahrhundert nicht zu belegen, im Gegensatz zu Hirten- und Pilgertaschen-

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Benny am 28.10.10 um 16:15:50
Richtig, die Form kenne ich persönlich erst ab Mitte 13.
Und bis in die 1320er bleibt sie ne seltene Erscheinung, weshalb ich auch keine habe.
Die Verschlusstechnik ist mir recht suspekt, gerade der gerollte Lederknebel sieht für mich eher nach "urig" denn nach A aus.
Bleib für den alltäglichen Krimskrams am besten echt bei Pilgertasche oder Almosenbeutel. Das ist für uns auch 100 Jahre später noch vollkommen ausreichend.

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Jeanne de Beaumont am 28.10.10 um 21:21:28
Almosenbeutel sind aber auch wieder schwierig. In unserem Zeitrahmen werden sie erstmals von Adeligen getragen und auch das ist ein noch eher seltenes Phänomen. Ich kenne aus dem 12. Jahrhundert gerade mal ein Original und zwei oder drei Abbildungen. Es handelt sich also noch um eine Ausnahmeerscheinung beim Adel. Für einfache Leute kommt der Beutel daher noch keinesfalls in Frage.

Aber Pilgertaschen finden sich mehrfach. Die Taschenform ist sehr einfach, praktisch und größenvariabel.  :)

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Æthelweard am 28.10.10 um 21:35:44
Gerade für den gerollten Lederknebel habe ich - im Gegensatz zu den Horn- und Beinknebeln tatsächlich mal die Abbildung eines Fundes gesehen. Allerdings für Schuhe aus dem fränkischen Raum, 7. oder 8. Jahrhundert. Nicht an Taschen.

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Jeanne de Beaumont am 28.10.10 um 22:40:11
Zumindest für die Pilgertaschen lassen sich meines Wissens nach keine Hinweise auf einen Verschluß finden. Die Abbildungen zeigen keine Knebel, Schnallen oder Bändel. Auch nicht rauslukend. Da sie aber ohne Verschluß nachweislich funktonieren...  8-)
Und von den erhaltenen Gürteltaschen können wir die Schnallenverschlüsse ja noch sehen.  :) Auf Knebel - egal welcher Art - würde ich da vorerst nicht zurückgreifen.

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von ingo am 08.11.10 um 11:06:13
@Æthelweard
die "Beinknebel" sind als einfach oder doppelt durchbohrte Fuß- oder Fingerknochen mit der Bezeichnung "Knöpfe aus Knochen" tatsächlich belegt - im kulturhistorischen Museum zu Stralsund ausgestellt, habe auch Fotos davon, datiert auf 10.-12. Jh soweit ich mich erinnere

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Eriol am 17.02.11 um 21:49:15
hm.. wenn ich eine kleine pilgertasche jetzt unter dem gürtel an der hüfte trage, den schulterriemen einmal um den gürtel herumschlage und über die schulter lege, hab ich ja wieder eine gürteltasche... nur halt aus stoff.

aber mal nebenbei: wo hat man denn dann sein geld und kleinkram untergebracht? eine pilgertasche wird doch sicher mehr was für die reise gewesen sein als für den alltäglichen gebrauch? zumindest legt der name das ja nahe..


Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Werner am 17.02.11 um 22:47:25
Schau dir mal die Bilder von mir aus dem Acheon an -Tasche am Gürtel, Riemen wie du sagst umgeschlungen gg
Allg. ist das ja aber ein Thema das ich schonmal angeschnitten habe..irgendwo im Forum. Wir haben für das 12. Jah. bis auch Arbeiter mit Messer am Gürtel, Pilger mit Taschen und einen Händler mit Geldbeutel kein Hinweis auf Taschen.....ich vermute, das das ganze Gezumpel unter der Tunika hing, dafür spricht z.B. eine FMA Tunika, die erhalten ist ...die hatte quasi ein Eingriff in Gürtelhöhe. Man kann so keinem "Beutelschneider" ne Chanse geben und würde erklären warum man auf keiner Abb. was sieht - ist aber nur spekulativ.
Aber ich bleibe bei meiner kleineren Tasche.....irgendwo ein Kompromiss - aber,,wohin sonst mit dem Zeuchs ???

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Eriol am 18.02.11 um 00:05:07
ah.. daher der ausdruck ''er zog das silber aus seinem gürtel''.. oder ''aus den falten seines gewands''.
wie sähe denn diese öffnung in der tunika aus? wäre ja auch ein kompromiss die handytasche modern verdeckt zu tragen..
und bestimmt nicht der schlechteste.
nur in verbindung mit dem hauberk wäre das unpraktisch....  ::)

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Jeanne de Beaumont am 18.02.11 um 09:28:51
Was sollte man denn im Alltag so mit sich rumschleppen? Die weitaus meisten Menschen sind im 12. Jahrhundert Bauern, die auf dem Land leben. Was trägt man da regelmäßig mit sich rum? ... Nüx. Du brauchst im Dorf kein Geld. Du stellst selbst her, was Du brauchst oder tauschst mit den Nachbarn. Du gehst auf´s Feld. Frauen bringen Dir mittags was zu essen im Körbchen oder Du nimmst Dir ne Stulle mit in einem Tuch eingeschlagen, vielleicht, oder auch in einer Hirtentasche. Die nicht umsonst so heißt: Wenn Du Vieh hütest bist du meist nicht soo weit vom Dorf weg, nimmst Dir also ne Tagesration Lebensmittel mit und gut. Vielleicht noch ne Flasche mit Bier. Ein Messer vielleicht. Dein Gerät, daß Du für die Arbeit brauchst. Kein Geld. Wofür auch?

In der Stadt sieht das sicher etwas anders aus. Wenn Du einkaufen gehst oder in die Schänke brauchst Du sicher Geld. Vielleicht hast Du wirklich ein Beutelchen, wie der eine Händler im Hortus deliciarum? Oder eine Falte im Kleid, wie für Nonnen beschrieben. Oder Du hast eine Geldkatze unter der Kleidung. Aber das ist leider alles spekulativ. Eine eindeutige Quelle zu dem Thema ist mir bisher noch nicht untergekommen.

Aber großartig Zeugs schleppst Du ja auch in der Stadt nicht mit Dir herum. Handys gab es noch nicht, Brillen auch nicht. Messer braucht man beim einkaufen oder beim Kirchgang eher selten. Schminke dürfte bei den einfachen Frauen auch eher unüblich gewesen sein. Hustenbonbons und Kaugummi war nicht bekannt... was braucht man also? Höchstens etwas Geld...  :)

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Ares Hjaldar de Borg am 18.02.11 um 10:00:22
Bevor das einer mißversteht: Die "Bierflasche" ist aus Leder oder ein Krug aus Ton. Und das "einkaufen" ist kein alltägliches Shoppen, sondern ein unregelmäßiger Warenaustausch auf den Wochenmärkten, wenn man selbst seine Ware anbietet und bei der Gelegenheit etwas nötiges ersteht, zB ein Sensenblatt oder eine Messerklinge.

Titel: Re: einfache Tasche
Beitrag von Jeanne de Beaumont am 18.02.11 um 13:56:54
Und die Stadt ist natürlich nicht Gelsenkirchen City oder Berlin Mitte, also eine Großstadt nach heutiger Idee und Vorstellung, sondern ein befestigter Ort mit einem Marktflecken (hierfür sind besondere Rechte notwendig. Es hat also bei weitem nicht jede Siedlung einen Marktplatz!), besonderen Rechten für die Einwohner, welche sich nicht hauptsächlich durch Landwirtschaft ernähren (allerdings meist einen Garten, vielleicht ein Feld neben der Siedlung und möglicher Weise auch noch ein Schwein oder ein paar Hühner halten), sondern durch die Ausübung eines Handwerks, Kleinhandel oder Dienstleistungen. Die also ein zu dieser Zeit grundsätzlich neues und ungewohntes Lebenskonzept etablieren. Entsprechend gering ist die Anzahl dieser hochmittelalterlichen "Städte" und so gering ist der Anteil der Bevölkerung, die so lebt...

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