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Beitrag begonnen von Ares Hjaldar de Borg am 04.10.10 um 16:56:47

Titel: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Ares Hjaldar de Borg am 04.10.10 um 16:56:47
Der SPIEGEL bringt z.Zt. eine Serie über Jugendkulturen.
Was einem da wieder auffällt: Fans bestimmter Musikrichtungen sind dem Hobby Mittelalter eher zugeneigt als andere.

Beispiel: Eine Studentin aus Tübingen.




Zitat:
Me|tal, kurz für Heavy Metal [engl.] (aggressivere Variante des Hard-Rocks mit gitarren- und schlagzeugzentrierter Klangfarbe); Anne-Katrin, 20, aus Tübingen kämpft mit Schwertern.

Ein normales Wochenende bei mir: Ich pack' Schlafsack und Isomatte ein, was zum Grillen - und mein Schwert. Ich mache Schwertkampf. Leider haben meine Freunde und ich dafür keinen anderen Ort als den Grillplatz. Das oberste Gebot dabei lautet: Vorsicht! Unsere Schwerter sind nicht angeschliffen, trotzdem gefährlich: Einmal hab ich meinem Kampfpartner eine Platzwunde über dem Auge verpasst. War nicht mit Absicht.

Meine Freunde habe ich fast alle auf dem Mittelaltermarkt oder im Pub kennengelernt. Fast alle sind Metaller; mit Normalos hatte ich neben der Schule noch nie viel zu tun. In der Klasse galt ich als Kuriosum - noch bevor ich angefangen hab, Metal zu hören und Schwarz zu tragen. Ich war das schüchterne Mauerblümchen und der Depp für alles.

Die Musik, der Metal, hat mir Selbstbewusstsein gegeben; mich stärker gemacht, sodass ich irgendwann sagen konnte: Hey, was die über mich erzählen, ist mir scheißegal! In den schwarzen Klamotten fühle ich mich irgendwie geschützt. Dazu kamen Band-Shirts und Tarnhosen. Meine Oma explodiert jedes Mal: "Das ist doch nicht schön! Du kannst doch viel mehr aus dir machen!" Sagt sie, die Oma. Ich kann nur noch drüber lachen.

Und weil wir gerade dabei sind: Metaller sind auch nicht ungepflegt, nur weil sie auf Festivals mal drei Tage nicht duschen! Doch manche Vorurteile stimmen: Wir trinken gerne Met und Bier. Und ich mag kein Rosa! Ich will nicht zum großen Einheitsbrei dazugehören - mir nicht von den Modediktatoren H&M und Mango vorschreiben lassen, was ich anziehe. Meine Springerstiefel werde ich wohl nie ganz wegpacken. Aber ich kann mir vorstellen, sie ab und zu gegen lila Ballerinas einzutauschen. Lila - nicht rosa!

Mein Aussehen wird sich in Zukunft - da bin ich ganz realistisch - weiter anpassen. Oder ist das schon pessimistisch? Ich studiere nämlich Lehramt. Und mit Patronengürtel und Nietenarmbändern kann ich als Lehrerin sicher nicht rumlaufen. Dennoch bin ich Vollblutmetallerin - denn was einen Metaller ausmacht, ist die Liebe zur Musik. Und die wird, denke ich, niemals enden.


Quelle: Spiegel Online

Eure Meinungen?

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Krischan von der Brauck am 04.10.10 um 17:42:30
Moinmoin,

tja, es fällt schon auf, daß manche Musikrichtungen in gewisser Weise eine Affinität haben...

Aber Zitat: "Mein Aussehen wird sich in Zukunft - da bin ich ganz realistisch - weiter anpassen. Oder ist das schon pessimistisch? Ich studiere nämlich Lehramt. Und mit Patronengürtel und Nietenarmbändern kann ich als Lehrerin sicher nicht rumlaufen." kann ich nicht ganz nachvollziehen, siehe hier:

http://www.ln-online.de/artikel/2850481/Zu_bunt%3F_Debatte_um_den_Punk-Rektor_in_L%FCbeck.htm

Bis dann,
Krischan

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Uthred am 04.10.10 um 22:00:23
Nun das ist ja ein Phänomen dass einem immer wieder auf Märkten etc begegnet. Einerseits ist es naheliegend dass viele gerade aus dem metallischen Bereich, der geschichtlich/ mythologische Themen für sich entdeckt hat kommen und nicht etwa aus Musikrichtungen wie Hip-hop - was vielleicht auch gut so ist  ;)
Andererseits merkt man aber auch oft, dass das Interesse der Musik folgt und nicht umgekehrt wie es meiner Meinung nach sein sollte. Irgendwann wirds auch nervig wenn sich dieses "Interesse" auf Met saufen und Kampf einschränkt (siehe Beispiel) und sich keine differenzierte Beschäftigung mit dem Thema entwickelt.
Musik und Mittelalter ja - aber bitte nicht wenn aus beidem ein klischeehafter Einheitsbrei wird.

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Geoffrey am 05.10.10 um 06:05:38
Ist genau meine Erfahrung. Bei vielen Metal-Typen ist das Interesse doch sehr oberflächlich (fuchteln gern mit Schwertern herum, brüllen "Odin" und finden Wikinger toll, oder so ähnlich). Es ist mehr das Erfahren wollen einer "mittelalterlichen" Welt, wie sich die Person sie vorstellt. Interesse an an echten historischen Fakten ist oftmals nur begrenzt. Oft wird es zudem mit Neo-Heidentum und Esoterik vermengt.

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Meyra am 05.10.10 um 07:41:24
Wenn ich Springerstiefel lese könnt ich schon wieder kotzen (zum zweiten Mal an diesem Morgen. Danke, Wanderhure...).
Gut, dass Ausnahmen die Regel bestätigen. Janna hört auch Metal. Aber in einer Tarnhose und nem schwarzen Kapuzenpulli von Wacken hab ich sie noch nie gesehen...

Man, wenn wir Lagern gehen wir auch nicht jeden Morgen duschen und stinken dennoch nicht wie die Schweine. Was haben die Menschen denn für eine Vorstellung?

Und die tatsache, dass sie aus versehen ihrem Partner ne Platzwunde am Auto beschert hat find ich kriminell. Wenn man keine Ahnung hat, sollte man dafür sorgen, dass a.) nix passiert und b.) man die Ahnung bekommt, wenn man wirklich dahinter steht.
Ansonsten ist und bleibt ein Schwert eine Waffe. Basta. Ich jonglier doch auch nicht mit Küchenmessern, weil ich die im Laden so kaufen kann. Das nächste Mal, wenn ich im Wald bin, pack ich den Bogen aus und werd mal ein wenig üben. Sollte da ein Passant zwischen kommen, dann war das auch ein Versehen. *Haarerauf*

Gut nur, dass jeder Mensch individuell für sich selbst seinen Weg findet. Wenn sie nicht zum breiten Massanbrei gehören will, dann würde ich mich auch nicht in diese Schublade stecken lassen.
Man, wir machen Autotuning, haben einen eigenen Betrieb, ich höre Kiffer-musik  ;) *zuErioläug* und wir "machen" auch Mittelalter.

Und ich denke shcon, dass die Gesellschaft auf einem guten Weg ist, den Menschen als Individuum zu akzeptieren, sein Erscheinungsbild eingeschlossen. Allerdings sollte man immer einkalkulieren, dass man es sich selbst manchmal unnötig schwer macht, wenn man aus der MEnge sticht und provokant auf die Menschen zu geht. Ich sing da ein Liedchen von...

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Ares Hjaldar de Borg am 05.10.10 um 11:21:51
Ich denke auch, daß das Spiel mit Mythen und Sagen, das in bestimmten Musikszenen hineinspielt, für diese Affinität sorgt. Es sind ja viele Goths und Metaller, die an der Mittelalterszene Gefallen finden.

Das heißt natürlich nicht, daß sie dann auch zum Re-enactment wechseln, aber es kann sich ja dahin entwickeln. Wenn das historische Interesse geweckt wird, und es nicht nur Kitschromantik ist, dann kommt das fast von alleine.
Irgendwann reichen einem die Mittelaltermärkte nicht mehr. War bei uns auch nicht anders. Ich habe meine Haare ja auch wegen des Metal wachsen lassen, und das war ziemlich befreiend. Und das mit den Macken hauen ist ganz normal am Anfang, wenn man keine Ahnung hat. Wulfgard hat mir damals in einem Nachtgefecht mal fast den Finger abgesäbelt.

Aber man bleibt dran -  denn der Schwertkampf ist bei vielen seit jeher das Triebwerk des Hobbys. Man möchte es vielleicht nur nicht mehr auf Kirmesmärkten machen, weil der Kick größer wird, je historischer Umgebung und Leute sind...  8-)

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Jeanne de Beaumont am 05.10.10 um 13:24:25
Danke Steffi.  ;)

Ich finde den Punk-Direktor super! Weil er eine öffetliche Diskussion losgetreten hat, ob ein Beruf mich tatsächlich zu einem bideren Auftreten zwingt, oder ob es auch Respektspersonen und Führungspersönlichkeiten gestattet sein sollte ihre Persönlichkeit auch optisch einzubrigen.
Daß der gute Mann übertreibt, sollte klar, aber hier wohl auch gewollt sein.
Das Metal-Mädel trifft es ganz gut, wenn sie sagt:

Zitat:
Und mit Patronengürtel und Nietenarmbändern kann ich als Lehrerin sicher nicht rumlaufen. Dennoch bin ich Vollblutmetallerin - denn was einen Metaller ausmacht, ist die Liebe zur Musik. Und die wird, denke ich, niemals enden.


Man ist halt nicht nur was man trägt.
Aber man sollte sich, gerade im Berufsleben, darüber im Klaren sein, aus welchem Grund man bestimmte Kleidung trägt und inwieweit eine Anpassung möglich oder vielleicht sogar nötig ist. Wenn ich nur provozieren möchte, bin ich gerade als Lehrer vielleicht einfach im falschen Beruf gelandet. Wenn ich dagegen ein pädagogisches Ziel verfolge, wie beispielsweise die Förderung der Tolleranz und die Vermittlung der Fähigkeit durch Äußerlichkeiten hindurch auf die Persönlichkeit zu schauen, in dem ich beides Vorlebe und mich auch von Auseinandersetzungen nicht abschrecken lasse, mag gerade im Lehrerberuf ein solches Kleidungsexperiment fruchtbar sein...

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Ares Hjaldar de Borg am 05.10.10 um 15:58:57
Zurück zu den Jugendlichen: Bestimmte Leitmotive und Szeneidole passen nicht so gut zum Mittelalter-Hobby. Zum Beispiel sind Schlabberhosen, dicke Autos und leicht bekleidete Mädels im Re-enactment ziemlich selten - und daher auch die HipHopper.

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Æthelweard am 05.10.10 um 21:50:35

Zitat:
Und mit Patronengürtel und Nietenarmbändern kann ich als Lehrerin sicher nicht rumlaufen. Dennoch bin ich Vollblutmetallerin - denn was einen Metaller ausmacht, ist die Liebe zur Musik. Und die wird, denke ich, niemals enden.

Die Liebe zur Musik verändert sich nicht durch die Klamotten, die man im Alltagsleben trägt. Habe ich neulich erst am eigenen Leib erfahren, als ich mit Thorsten bei Entombed war. Rein in die alten Joppen, ganz nach vorne an die Bühne und siehe da: Moshen, Bangen und Stagediving macht man heute auch nicht anders, als in unserer "wilden Zeit" vor 20 Jahren. Zwar reicht die Puste heute nicht mehr so lange, aber es hat mal wieder Spaß gemacht.

@ Ares

Ob aus dem Spiel mal mehr wird und man den üblichen Kitsch und die Mittelaltermärkte hinter sich lässt, ist eine Frage der persönlichen Interessen. Genug Leute bleiben bei dem oberflächlichen Allerlei hängen. Ein bißchen Rollenspiel, Esoterik und Ambiente ist vielen schon genug. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Musikszene reicht nicht aus, um in unserem Hobby weiter zu kommen. Da wird meist nur Halbwissen weiter gegeben.

Aber ich stimme dir natürlich so weit zu, daß ein erster Kontakt zu "Mittelalter" eher über den Bereich Metal und Gothic stattfinden, als über Black Music (HipHop, R'n'B, etc) oder die eher inhaltsleere Techno-Spaßgesellschaft. Dabei sollte man Modeströmungen nicht außer acht lassen. Das Anbandeln an den Esoterik- und Mittelalterbereich hat in den Neunzigern mit einem Teil der Metalszene begonnen. Das kann auch irgendwann wieder vorbei sein. So orientiert sich ein Teil der Gothicbewegung zur Zeit eher Richtung Steampunk, als Mittelalter.

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Philipp am 07.10.10 um 11:40:44
Moin,
als Lehrer ist man zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet. Da geht streng genommen schon ein anti-Atomkraft-Patch oder ein Glaubenssymbol zu weit. Und das finde ich auch gut so.
Seit gestern bin ich übrigens fertig mit dem 2. Straatsexamen und warte jetzt auf mein Zeugnis.  :)

Viele Grüße!

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Geoffrey am 07.10.10 um 11:52:46
Glückwunsch!

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Jeanne de Beaumont am 07.10.10 um 12:39:45
Wunderbar! Glückwunsch!

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Æthelweard am 07.10.10 um 22:02:36
Da kann ich mich nur anschließen: Glückwunsch.

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Meyra am 08.10.10 um 07:44:07
Herzlichen Glückwunsch!

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Philipp am 08.10.10 um 13:24:41
Dankeschön!  :)

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Tankret de Donjon-Blanc am 08.10.10 um 15:41:02
Zum Glück sind Metallerklamotten nicht politisch und in der Regel auch nicht Bekenntisausweisend. So gesehen spricht nichts gegen Patronengürtel und Nietenarmbänder. Ansonsten würde die Gruppe der modisch angepassten auch eine "weltanschauliche" Sicht äußern. Dann würde nur noch eine Schuluniform helfen.   
Um aber beim Thema zu bleiben. Interesse beginnt immer bei einem Ausschnitt eines Gesamtthemas. Theoretisch könnte man also auch über das Interesse am Ballett zu den höfischen Tänzen kommen und so schließlich im Mittelalter landen. Über andere Wege sind leute schon mal zum Pferd gekommen. 
Hier ist es eben Viking-Metal --> Schwerter und Wikis = Toll -->"Mittelalter" Hierauf könnte dann Larp folgen oder heidnische Rituale oder Reenactment oder alles gleichzeitig nebeneinander oder durcheinander.
Das was wir machen ist eben ziemlich speziell und wird bei der Außensicht auch so gesehen. Für den Normalo ist "Mittelalter machen" = mit Schwertern, Pfeilen, Schilden und Rüstungen herumtüddeln. Da erscheint es Ihm einerlei ob die Personen sagen sie würden Larp /Mittelalter oder Reenaktment machen.
Die Gotic's werden ja auch immer mit dem Metallern zusammengeworfen. Die tragen eben schwarze Klamotten und hören so aggressive Musik.            
Daher ist es zu Anfang eines Interesses am "Mittelalter" nicht abzusehen wie weit dieses Interesse ausgebaut wird.
Ich denke daher das man primär solchen potentiellen Nachwuchs mit Offenheit und Wohlwollen entgegentreten sollte.   

Titel: Re: Jugendkulturen und Mittelalter
Beitrag von Geoffrey am 10.10.10 um 18:58:12
Generell, ja. Aber viele, die ich persönlich kennen gelernt habe, sind mir dann zu prollig oder tumb, auch wenn das jetzt arrogant klingen mag.  ;)

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